Samstag, 20. September 2008

A new Cultural Economy, mein Tag am ARS08-Symposium

An advertisement for copyright and patent prep...Image via WikipediaScience, Religion, Art, Literature and the Pursuit of Truth - so der recht weite Bogen des samstäglichen Vormitagspanel.

Spannend der Vortrag A.K.M. Adam (US), Theologieprofessor und Priester in Illinois: Adam stellt den franzoesischen Theologen Migne vor, der seiner Gemeinde - und ganz Frankreich - die Welt des 18ten Jahrhunderts naeherbringen will. Minge schreibt nicht selbst - was ohnehin nur als missionierende Geste misbilligt worden waere - sondern stellt Kopien aus Druckwerken und Zeitungen zu einer Welterklaerung 2ter Ordnung zusammen. Minge ist dabei derart erfolgreich, dass er zur Bluetezeit von 'le universe' 50% der franzoesischen Druckerpressen bei sich versammelt. Wer also Weltverstehen und Wissen als Ziel hat, kann sich am Eifer der theolgischen Publizistik orientieren: Einsatz neuester Technik, das gesamte verfuegbare Publikationsuniversom als Teil eines die Schoepfung beschreibenden Weltwissen begreifen und daher ohne copyright-Restriktionen darauf zugreifen. Oder kurz 'copyright infringement' als Werkzeug der Offenbarung.


James Boyle (US): "we don't understand openess, we are familiar with closness". Menschen suchen den sicheren Weg. Wir sind in der Regel bei unseren Auswahlentscheidungen auf der (vermeintlich) sicheren Seite unterwegs. Boyle unternimmt ein paar Zeitprojektionen um zu zeigen, dass Openess nicht die naheliegende, sondern immer die Risikovariante ist. Und es daher immer grosser Ueberzeugungsarbeit bedarf, den - fuer uns Wenige so logisch\innovativen - Weg einer groesseren Gruppe gangbar zu reden. Beispiel Wikipedia: Wie haetten wir aus Sicht des Jahres 1990 eine weltweite, mehrsprachige, transdisziplinaere Enklopedie aufgesetzt: Haetten wir gesagt - a) dazu brauchen wir Fach- und Sprachredaktionen, ExpertInnenausschuesse, Validierungseinheiten und eine straffe Qualitaetssicherung sowie ausreichenden Mittel um dies zu bezahlen oder haettenn wir b) einem Aufruf an Unbekannte mehr Chancen gegeben, wo kleine Artikel in ein offenes CMS gestellet werden, ohne Bezahlung. Keine Frage welchen Weg wir in den 1990ern gegangen waeren. Und es ist doch jetzt noch so: Wir verstehen a) sofort, und finden den Vorschlag schluessig, und halten b) immer noch fuer hochgradig unvorstellbar. Weil - Boyle hat recht - Openness verstehen wir (zumindest emotional/intuitiv) immer noch nicht.

David Weinberger (US), spricht über die sogn. "noisy truth". Demnach ist Wahrheit eine Interpolationsleistung aus Aussagen und dem Wissen von Vielen. Je mehr also am Diskurs teilnehmen können, desto besser. Aus dem dadurch zunehmenden Rauschen tauchen Wissen und Wahrheit empor. Dieser wiederholten Prozessierung von Aussagen stehen immer restriktiver werdende Copyrightmechanismen gegenüber. Mangels diskusiven Rausensch ist auch der Wissensgewinn in Gefahr. Wissensgesellschaft bedarf also liberaler Copyrightregime um voranzukommen.

Jonah Brucker-Cohen (US) macht einen Ausflug in die Open WiFi-Networks und stell unter anderem die gute Frage warum es Unternehmen gestatet sein soll, im Öffenlichen Raum, in einem Freien Frequenzband geschlossene (also kostenpflichtige) Netzwerke betreiben zu dürfen.

Mitreisend dann der Vortrag von Ronaldo Lemos (BR): Alternative Ökonomie in der erfolgreichen Praxis. Im lokalen Markt von Para (Nordbrasilien) vermarkten sich DJs ihren "Tecno Brego" selbst. So wird der Strassenhandel (sogn. Pirates) mit Gratispressungen versorgt - um diese an Fans weiterzuverschenken. So wird in kürzester Zeit große Öffentlichkeit erreicht. Eine Öffentlichkeit, die sowohl die Konzerte frequentiert, als auch Sonderpressungen kauft. Conclusio: eine Mischung von "gift economy" und "micro economy" die mit den lokalen und szeneeigenen Vorauassetzungen (code of behaviour = keine Plattenverträge eingehen) entsprechend umgeht und daher erfolgreich sein kann. Eine andere solche Mischung: Radiohead mit der refinanzierung ihrer CC-werke über den Vetrieb von Superpremiumdéditions (extra cover, extra gadgets) für Superfans zu einem Superpremiumpreis.

Nicht mehr in ganze Sätze konnte ich die Eindrücke des Nachmittags bringen: Elisabeth Stark präsentiert youtomb.org, dass gelöschte youTube-Einträge verfügbar macht ### Jonathan McIntosh resampled Werbungen und News, produziert dabei angebl. widerständige Botschaften, wurde wohl eingeladen um die Resamplingkultur zu representieren, ich fand ihn äusserst platt, und hätte da gerne wirkliche politische Künstler gehabt, und nicht einen Comedian.

Alles in allem: Schon lange nicht mehr einen so interessanten Samstag gehabt.


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